Als Bayern haben wir natürlich eine enge Bindung zu Österreich und beobachten deren Engagement im Segeln sehr. Erst recht wenn deren Schiff Sisi heißt. Daher freut es uns überaus, dass unsere Nachbarn mit THE AUSTRIAN OCEAN RACE PROJECT eine Kampagne in´s Leben gerufen haben, um beim OCEAN RACE 2023 an der Start zu gehen. Das Team besteht aus jungen ambitionierten Seglern, mit österreichischem Kern und einem beeindruckenden Spirit und Teamgeist.


Wer beim OCEAN RACE teilnimmt benötigt davor einige Seemeilen, um Team und Boot aufeinander abzustimmen. Hierfür werden Regatten wie das RORC Transatlantic Race oder das RORC Carribean 600 als Training benutzt, um fit zu sein für das große Rennen in 2032. Das Schiff selbst, eine VO65, muss für diese Regatten auch überführt werden. Eine dieser Überführungen war mein Abenteuer mit Sisi. Für diese Überführungen wird das Team mit bis zu 10 Gästen und einer Pro Crew von 4 bis 5 Mann zusammengestellt. Das Schiff kam gerade von der Boatshow in Malta und wir brachten es Ende November 2021 von Malaga über Gibraltar nach Lanzarote. Dort blieb Sisi über Weihnachten und Neujahr und wurde für den großen Schlag über den Atlantik vorbereitet.
Das Come-together der Crew war direkt in Malaga am Boot. Vom Taxi ausgestiegen war Sisi, mit ihrem 30m Carbonmast, im Hafen auch nicht zu übersehen. Es war pure Begeisterung, das Schiff wahrzunehmen. Immerhin hat die Yacht schon zweimal an der Regatta rund um die Welt teilgenommen. Damals noch unter dem Namen des Vorbesitzers Vestas 11th Hour Racing. Da steht sie nun, vor allem steh ich da und habe schon Respekt. Es ist schon ein brutaler Racer, der Dich auf See schon mal anbrüllt nach dem Motto; bei mir geht noch was, wie ist es bei Dir. Aber dazu später mehr.
Nach dem Abendessen suchte ich mir eine Koje und das war zum eingewöhnen gut. In dieser Nacht waren wir nur zu zweit an Bord. Der Rest der Crew war cleverer und buchte sich im Hotel ein. Sonntags ging es dann los. Die Wetterprognose sah gut aus und aus 6 geplanten Tagen auf See wurden 5 prognostiziert. Bei dem unheimliche Geschwindigkeitspotenzial des Schiffes lässt bei einer solchen Distanz schnell mal einen Tag einsparen. Zum Bordleben lässt sich nicht viel sagen, das ist sehr reduziert. Das Leben findet im 4h Rhythmus in zwei Schichten statt. Das ist soweit nicht neu auf See. Die Versorgung oblag jedem selbst. Die Galley ist sehr reduziert und hat mehr von einem Basecamp am Berg als ein Küche. Im Grunde wird dort nur Wasser aufgekocht für die Astronautennahrung, Kaffee und Tee. Dazu gibt es noch ein riesige Box mit Müsliriegeln und Keksen. Über die Toilette müssen wir auch noch sprechen, aber da ist es wie auf jeder Yacht. Ein undurchschaubares und heikles System an Pumpen und Schläuchen, welches mit Bedacht benutzt werden soll. Die Empfehlung vom Skipper war ganz klar. Nur benutzen wenn nötig, besser auf die Tüte ausweichen.
Der erst Tag war bei einer sanften Brise nahezu ideal. Die Dimensionen auf dem Schiff sind überwältigend. Unglaubliche Dimensionen der Winschen. Die werden allerdings auch benötig. Auf diesem Schiff ist keine Schot, keine Leine von Hand zu bedienen. Alleine das setzen des Großsegels ist ein Act. Von Manövern ganz zu schweigen. Daher war es auch eine Art Segelkurs, denn wo lernt man sonst, wie man den Code 0 über Outrigger fährt. Jegliche Art von Manöver benötigt gleich mal 6 Mann. Da alles länger dauert ist es eben auch wichtig, dass die Wache auf Abruf bereit steht in voller Mannstärke, gerade wenn es schnell gehen muss. In der engen Fahrrinne von Gibraltar, die wir bei Nacht querten, mussten wir ein Auge auf die unzähligen Frachten haben. Trotz aller Achtsamkeit galt es dann aber doch noch einem der 400m Ungetüme auszuweichen. Da muss es dann schnell gehen. Bei all den Abläufen an Deck bei Manövern gilt es auch eben den Canting Keel entsprechend auszurichten in Abstimmung mit den Dagger-Boards. Das ist auch eine Erfahrung, die neu ist, da man als normaler Segler mit solchen High-Tech-Tools eher nicht konfrontiert wird.
Schlafen an Bord ist auch etwas gewöhnungsbedürftig. Ich wurde schon gewarnt, dass es wahnsinnig laut ist. Das ist es tatsächlich auch. Die Bordwand ist null isoliert es ist eine schlichte Carbon Höhle mit Rohrkojen. Über einem sind die Winschen, die im ständigen Betrieb unter Deck einen irren Hall erzeugen. Alle paar Minuten geht dazu dann noch der Motor an, um die Hydraulik des Schiffes zu betätigen.
Nach Gibraltar haben wir uns dann an das Schiff und die Abläufe gewöhnt und wir konnten und dem Passatwind widmen. Downwind Blast nach Lanzarote. Ein unglaubliches Erlebnis wie das Schiff über die Wellen gleitet. Ein nahezu unfassbarer Speed und volle Konzentration das Boot zu steuern. Ein Zusammenspiel von Windeinfallswinkel und Kurs. Wobei der Speed unglaublich zunimmt sobald man anluvt und dann die Gefahr besteht, dass der Racer recht schnell aus dem Ruder läuft. Das hatten wir auch einmal bei Nacht während ich in der Koje lag, aus der ich dann rausgefallen bin, da sich Sisi beim Sonnenschuss auf die Seite legte. Spätestens dann ist auch wirklich jeder auf Wache beschäftigt.
Die weiteren Tage waren gefüllt mit Erlebnissen, die es wohl nur auf einem Schiff dieser Art gibt. Für uns als Gäste war es ein kurzer Einblick in die atemberaubende Welt des Offshore-Segelns. Großer Respekt an die Crews, die sich diesem Abenteuer stellen. Mir reichte dieser kleine Einblick. Über Monate hinweg und dann auch noch im Südpolarmeer ist für mich unvorstellbar. Wir wünschen der Sisi Crew viel Erfolg für das Vorhaben.

